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Der Bantam ist enttarnt

Geschrieben von Roland Dörfler
In der letzten Ringer-Info NRW und im letzten Ringer wurde die Frage nach der Herkunft der Bezeichnung Bantamgewicht aufgeworfen. Roland Dörfler, langjähriges Mitglied des AC Bayreuth, hatte vor Jahren in dieser Sache recherchiert und konnte zur Klärung Folgendes beitragen:

Nur eine Gewichtsklasse bis 1896.

Der Kölner Carl Schuhmann z. B. gewann 1896 bei den ersten Olympischen Spielen der Neuzeit als Turner in den Gerätewettbewerben drei Goldmedaillen. Auch als Ringer stand er bei dieser Olympiade auf dem höchsten Treppchen. Dabei sorgte er mit seinem Sieg gegen Tsitas (Griechenland) für eine Euphorie und die Geburtsstunde zahlreicher Ringervereine in Deutschland. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es grundsätzlich nur eine Gewichtsklasse.

Um die Wende zum 20. Jahrhundert gab es Bestrebungen zur Einführung von Gewichtsklassen, die aber zunächst von Land zu Land unterschiedlich definiert waren. Das führte zu Schwierigkeiten im Sportbetrieb. Der nur 70 kg schwere Hans Schneider aus Nürnberg z. B. errang 1899 in der Leichtgewichtsklasse bis 80 kg die inoffizielle Deutsche Meisterschaft für den ASC 1892 Nürnberg. In Bayern wäre er mit 70 kg ein Mittelgewichtler gewesen und in Norddeutschland ein Leichtgewichtler.

Ab 1900 wurden Gewichtsklassen eingeführt

1903 beschloss der Deutsche Athleten-Verband, für die Ringer im § 2 seines Regelwerks die drei nachstehenden Gewichtsklassen einzuführen, wobei im „Sportkostüm“ gewogen wurde:

  • Leichtgewicht bis 140 Pfund,
  • Mittelgewicht bis 160 Pfund und
  • Schwergewicht ab 160 Pfund.

Welter- und Federgewicht entstanden

Da auch diese Unterteilungen nicht ausreichten, gab es weitere Gewichtsklassen. Zwischen dem Leicht- und Mittelgewicht wurde 1911 das Weltergewicht eingefügt. Diese Gewichtsklasse kommt aus dem englischen Sprachraum. Mit „welterweight“ wurden Gewichtszugaben (28 Pfund) bei Pferderennen bezeichnet. Robusten, kräftigen Pferden packte man diese Zugaben auf. Kräftige Leichtgewichtler wurden deshalb bei den Ringern schnell zu Weltergewichtlern.

Auch unterhalb von 70 kg gab es Nachholbedarf. Wer war leichter als leicht zu bezeichnen? Die Antwort: Eine Feder. Schon war das Federgewicht kreiert, eine Gewichtsklasse, in der Geschichte geschrieben wurde:

Der nur 52 kg schwere Nürnberger Georg Gerstacker z. B. holte im Jahr 1912 als leichtester Teilnehmer im neuen Federgewicht mit Rang zwei die erste Olympische Medaille für Bayern überhaupt. Für diese Medaille musste der für Sandow Nürnberg startende Franke in Stockholm nach sieben Siegen im Halbfinale zwei Stunden und 13 Minuten gegen Lasanen aus Finnland ringen. Brutal! Zu dieser Zeit wurden die Kämpfe bis zur Schulterniederlage oder bis zur Aufgabe ohne jegliches zeitliches Limit ausgetragen.

Lasanen seinerseits überließ nach dem Zweistundenkampf erschöpft seinem Landsmann Koskela kampflos den Sieg. Koskela traf ausgeruht im Finale auf Gerstacker. Nach 24 Minuten war der Deutsche mit seiner Kraft am Ende, Koskela gewann durch Nackenhebel.

Das Bantam ........ ein kleines Hühnchen

Doch was kam unter dem neuen Federgewicht? Auch hier gab es Handlungsbedarf. Gelöst wurde das mit dem Bantam bzw. dem Bantamgewicht. Die Bezeichnung des Bantamgewichts ist auf ein kleines Huhn zurückzuführen. Diese Zwerghühner aus der Provinz Bantam auf der Insel Java wurden beim Hahnenkampf eingesetzt und zeichneten sich durch besondere Kampfbereitschaft aus. Mitte des 19. Jahrhunderts verbreitete sich die Rasse über England auch bei Züchtern in Europa.

Ursprünglich war das Bantamgewicht ca. 54 kg (oder 118 amerikanische Pfund). Doch dies sah man bei den Ringern nicht ganz so eng. Zudem wurden die englischen bzw. amerikanischen Gewichte schon ab 1854 im deutschsprachigen Raum fest gerundet. Der Deutsche Zollverein hatte das Pfund auf exakt 500 Gramm festgelegt. Später ging das Bantamgewicht deshalb sogar bis 57 kg.

International bürgerte sich deshalb bei den Ringern und Boxern das „bantamweight“ unter dem Federgewicht ein. Ein Nürnberger gewann 1928 in Amsterdam die zweite Olympische Goldmedaille für Deutschland. Der am 13.3.1903 geborene Curt Leucht wurde für seinen Heimatverein SC Maxvorstadt 04 Nürnberg Olympiasieger mit einem Schultersieg innerhalb von vier Minuten gegen Maudr aus der Tschechoslowakei.

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